Sonntag, 27. Oktober 2013

Thesen und Antithesen zum Verhalten der Deutschen in der Europäischen Union



Dr. Spyridon Paraskevopoulos,
emeritierter Professor
der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät
der Universität Leipzig
                                                                                                     Köln, 19. 10. 2013

Thesen und Antithesen zum Verhalten der Deutschen in der Europäischen Union

- Thesen zum sozioökonomischen Verhalten der Deutschen
- Die Rolle der Deutschen bei der Entstehung und Gestaltung der EU
- Das Subsidiaritätsprinzip
- Das Solidaritätsprinzip
- Einige Zwischenschlussfolgerungen
- Griechenland als Beispiel
- Gibt es noch Hoffnung

- Thesen zum sozioökonomischen Verhalten der Deutschen
Trotz des Risikos, von meinen griechischen Landsleuten als germanophil oder sogar als Deutscher und, noch schlimmer, als naiv bezeichnet zu werden,  werde ich im Folgenden versuchen den Advocatus Diaboli zu spielen.                     
All das, was ich von nicht deutschen Freunden, Journalisten, Politikern und sogar Wissenschaftlern, insbesondere in den letzten drei Jahren, darüber lese,  sehe (siehe Skizze in The Economist) und höre, wie sich deutsche Politiker und deutsche Bürger innerhalb der EU verhalten, vermittelt mir den folgenden Eindruck:
Ich, der mehr als 52 Jahre integriert in Deutschland lebt, habe nicht mitbekommen, dass die Nachkriegsdeutschen (führende Politiker und Bürger), die sogar zu ca. 50% noch nicht einmal deutscher Herkunft sind, nach wie vor nicht aufgehört haben, Anhänger der imperialen Politik Bismarcks und  Hitlers zu sein. Mit anderen Worten, sie verfolgen immer noch die Realisierung einer deutschen Dominanz und Hegemonie in Europa, wenn nicht sogar weltweit. Und da sie dies mit zwei Weltkriegen nicht erreicht haben, versuchen sie dies nun - und vor allem nach ihrer Wiedervereinigung - durch ihre wirtschaftliche Stärke und Macht zu vollenden. 
Dies ist der erste Teil der Argumente und der Behauptungen von Nicht-Deutschen, vor allem der Süd-Europäer, hinsichtlich des politischen Verhaltens der Deutschen. Der zweite Teil ist für mich nicht nur sehr unverständlich, sondern sogar widersprüchlich.
Die gleichen Leute, die die Deutschen hegemonialer Tendenzen in Europa beschuldigen, werfen den Deutschen zugleich vor, dass sie keine Führungsposition in der EU übernehmen, um die europäischen Ideen und Ziele weiter zu bringen.Deutschland sollte mehr Führungsstärke in Europa zeigen“, argumentiert die britische Wirtschaftszeitung Economist. Μit anderen Worten, sie verlangen von den Deutschen, die Rolle des politischen Führers in der EU zu übernehmen. Haben sie jemals daran gedacht, was in Europa und vor allem in Südeuropa geschehen wird, wenn die Deutschen tatsächlich diese Rolle übernehmen würden?
Hier nun meine eigene Einschätzung hinsichtlich des wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verhaltens der Deutschen, wie ich es in der Nachkriegszeit während der 52 Jahre meines Aufenthaltes in Deutschland erlebt habe.
Ob es den übrigen Europäern und insbesondere den Griechen gefällt oder nicht, wir haben es im Falle der Deutschen nicht nur mit einem wirtschaftlich, sozial und politisch starken, sondern vor allem mit einem "weisen" Volk zu tun. Weise ist derjenige, der all das weiß, welches seinem intellektuellen, schulischen und beruflichen Niveau entspricht. All dies reicht jedoch nicht dafür aus, dass jemand ein Weiser ist, wenn er nicht  zugleich den erforderlichen Verstand und die entsprechende Lebenserfahrung besitzt, um sein Wissen einzuordnen, zu bewerten und entsprechend umzusetzen. Und schließlich wird die Weisheit vollendet, wenn gleichzeitig eine gewisse Intuition und ein wenig Emotion vorhanden sind.
Diese Qualitäten von Weisheit, behaupte ich, sind mehr oder weniger alle bei fast allen Deutschen vorhanden. Ob er ein Arbeiter, Techniker, Arbeitgeber, Wissenschaftler oder Politiker ist, er besitzt auf seiner Ebene diese Fähigkeiten. Und diese Eigenschaften führen die Deutschen zu einer sehr produktiven und leistungsorientierten Verteilung der Arbeit auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens. So versucht jeder das zu tun, was seinen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnissen entspricht.
Die deutsche Gesellschaft ist also das, was man allgemein Leistungsgesellschaft nennt. Die Mehrheit der Deutschen sind  mit anderen Worten – im Gegensatz zu der Mehrheit der Griechen - mehr Spezialisten und weniger Generalisten.
Beispielsweise weiß ein deutscher Metzger, wie ein Tier geschlachtet wird, ohne es zu quälen. Er weiß, wie das Fleisch geschnitten wird, ohne es zu massakrieren, er weiß auch, wie das Fleisch von Fett und Knochen getrennt wird, und letztlich ist er damit in der Lage, das gesamte Fleisch, das Fett und die Knochen des Tieres nicht nur ökonomisch effizient, sondern auch so zu gestalten, dass es für alle Geldbeutel und Geschmacksrichtungen verwertbar ist.
In der deutschen Gesellschaft ist es selbstverständlich, dass jeder versucht, so viele spezielle Kenntnisse wie möglich zu erwerben, die ihn in der Lage versetzen, eine objektive Meinung über seinen Beschäftigungsgegenstand zu haben. Aber dieser deutsche Metzger wird keine spezielle Meinung über den Gegenstand eines Zimmermanns äußern, der als seine Aufgabe die Verarbeitung von Holz hat.
Diese Haltung und dieses Verhalten erkennt man auf allen Ebenen des deutschen privaten, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Lebens, welches konsequent verfolgt wird und zu einer leistungsorientierten Gesellschaft führt. Dies zeigt sich durch die Realisierung – auch in Krisenzeiten - der entsprechenden verhältnismäßig guten ökonomischen Ergebnisse, die man heute in Deutschland überall sieht.  
Und letztendlich wurden die Deutschen durch diese "Weisheit", ihr konsequentes Verhalten und die Erfahrung von zwei Weltkriegen, die Deutschland fast vollständig zerstörten und die Deutschen zum weltweit meist gehassten Volk machten, zum Erwachen und zu einer echten Läuterung gebracht. So konnten sie ihre hervorragenden sozioökonomischen Früchte der Nachkriegsweisheit nicht nur für sich nutzen, sondern auch für alle ihre ehemaligen Feinde und heute Freunde innerhalb der EU nutzbar machen.
Und diese Weisheit führte sie nach 1945 zu einer ernst gemeinten Entschuldigung bei ihren Opfern, führte zur detaillierten Benennung und Verurteilung ihrer erbärmlichen und menschenunwürdigen Gräueltaten, sie ermöglichte das Erzählen ihres barbarischen Verhaltens mit Scham und Abscheu gegenüber ihren Kindern und bremst das Vergessen durch die ständige Wiederholung in ihren Schulen bis heute.     
Mit anderen Worten, die Geschichte hat sie gelehrt, den Krieg und alle Verhaltensweisen, die Gewalt und Unnachgiebigkeit in den internationalen Beziehungen erzeugten, zu verabscheuen. Und das Beste ist, dass sie das demokratische, politische und ökonomische System der freien Marktwirtschaft, welches die Sieger- und Besatzungsmächte (USA, Großbritannien und Frankreich) im westlichen und größten Teil Deutschlands den Deutschen auferlegten, nicht nur anerkannt und akzeptiert, sondern mit gründlicher Konsistenz und Klarheit umgesetzt haben.
Die in der deutschen Geschichte neuen Systeme (politisches und ökonomisches) wurden überarbeitet und konsequent ihrer Denkweise und Mentalität angepasst. Mit erstaunlicher Gründlichkeit  - im Gegensatz zu anderen europäischen Nationen –haben die Deutschen investiv und produktiv die US-Wirtschaftshilfe (Marshall-Plan) verwertet, die ihnen nach dem zweiten Weltkrieg gegeben wurde, so dass sie - zur Überraschung aller ehemaligen Feinde und Freunde - das so genannte deutsche Wirtschaftswunder realisiert haben.
- Die Rolle der Deutschen bei der Entstehung und Gestaltung der EU
Die Deutschen und die Franzosen, einst erbitterte Feinde, sind diejenigen, die nach dem zweiten Weltkrieg vorangingen, um zunächst die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft zu gründen, die sich heute zu einer Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion entwickelt hat. Sie haben damit nicht nur die Bedingungen für mehr als 65 Jahre andauernde friedliche Koexistenz der europäischen Völker geschaffen (beispielloses Ereignis in der europäischen Geschichte), sondern sie haben wesentlich dazu beigetragen, dass für Deutschland und für die anderen Europäer ein bisher unbekannter wirtschaftlicher Wohlstand entstand. 
Mit dem Wissen und den dynamischen Entscheidungen charismatischer politischen Führer, wie Konrad Adenauer, Ludwig Erhard, Willy Brandt, Helmut Schmidt, Helmut Kohl und andere, waren sie in der Lage, beneidenswerte politische, wirtschaftliche und soziale Systeme zu kreieren und etablieren sowie mit der endgültigen, durchaus nicht leichten Akzeptanz aller für Deutschland  harten Implikationen des selbst verursachten zweiten Weltkrieges den Frieden in Europa zu festigen.
Bekanntlich  wurden mehr als 20 Millionen Deutschen aus ihrer Heimat vertrieben. Sie verzichteten komplett und für immer durch völkerrechtlich bindende Verträge auf die ostdeutschen Gebiete von der Größe eines Landes wie Griechenland. Somit versöhnte dieses Verhalten überzeugend die einstigen jahrzehntelang unversöhnlichen europäischen Feinde mit dem deutschen Volk.
Angesichts der in der Nachkriegszeit aufkommenden kommunistischen Gefahr ist es den Deutschen nicht nur gelungen diese mit friedlichen Mitteln zu vermeiden, sondern sie entscheidend mit ihrem erfolgreichen demokratischen Regierungssystem sowie ihrem sozioökonomischen Modell zum endgültigen Zusammenbruch zu bringen.
Mit anderen Worten, es ist den Deutschen gelungen die sozioökonomischen Prinzipien (Grundsätze) der Subsidiarität (Unmittelbarkeit und Rechenschaftspflicht bei der Entscheidungsfindung) und der Solidarität so miteinander zu verknüpfen, dass daraus das sozioökonomische Systems der Marktwirtschaft mit sozialem Gesicht oder, wie sie auch genannt wird, die Sozialen Marktwirtschaft entstand und umgesetzt wurde.
Beide Komponenten (Subsidiarität und Solidarität) des sozioökonomische Modells sind mehr oder weniger der Maßstab für wirtschaftliches und soziales Verhalten aller Deutschen geworden. Und seit dem Maastricht Vertrag (1992) wurde dieses System schließlich ein Gradmesser für alle Länder der Europäischen Union (EU).
- Das Subsidiaritätsprinzip
Das Prinzip der Subsidiarität wurde  im Jahr 1992 mit dem Vertrag von Maastricht als grundlegendes Prinzip der EU eingeführt. Nach diesem Prinzip kann die EU (Europäische Kommission) legislative Initiativen und Aktionen unternehmen, die für alle Mitgliedstaaten gelten. Ein solches Vorgehen ist aber nur zulässig, wenn die individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten der Mitgliedstaaten zur Erreichung des angestrebten Ziels nicht ausreichen[1]. Das Subsidiaritätsprinzip setzt voraus, dass alle Mitgliedstaaten sowohl parlamentarische Demokratien sind als auch marktwirtschaftliche Systeme haben. Basierend auf diesem Subsidiaritätsprinzip wird jeder EU-Mitgliedstaat verpflichtet seine Angelegenheiten selbst zu regeln. Dort aber, wo die Mitgliedstaaten nicht in der Lage sind dieser Anforderung zu entsprechen, hat die EU das Recht und die Pflicht einzugreifen und zum Nutzen aller Mitgliedsstaaten zu handeln. Der gleiche Sachverhalt gilt auch auf der Ebene der Beziehungen zwischen den Bürgern und dem Staat. Dies bedeutet, dass jede Person verpflichtet ist, für ihre angestrebten sozioökonomischen Ziele, im privaten und gesellschaftlichen Kontext, alle ihre Möglichkeiten und Fähigkeiten auszuschöpfen, zum Nutzen aller, bevor sie die Hilfe anderer, z.B. des Staates bzw. der Steuerpflichtigen, verlangt.
Zusammenfassend lässt sich das Subsidiaritätsprinzip im Rahmen der EU so interpretieren, dass nicht nur jeder Mitgliedsstaat, sondern auch jeder Bürger bei jeder individuellen und gemeinschaftlichen Aktivität juristisch (aus dem Maastricht Vertrag) und ethisch (aus seiner  Mitgliedschaft in einer Gesellschaft) verpflichtet ist, jegliche seiner Fähigkeiten und Fertigkeiten einzusetzen, um den bestmöglichen Wohlstand für alle und damit den sozialen Frieden zu erreichen.   
Sicherlich darf im Rahmen eines ökonomischen Systems der freien Marktwirtschaft, wo auch das Prinzip des Wettbewerbs gilt, dieser nicht unfair sein und keine gierigen Gewinne ermöglichen. Gerade in diesem Zusammenhang bindet das Subsidiaritätsprinzip die Mitgliedstaaten und ihre Bürger, so dass sich ihre sozioökonomischen Aktivitäten in einer Arena nobler Rivalität und gegenseitiger Anerkennung und Aufmerksamkeit entwickeln.
Die spekulativen Spiele in den internationalen Kapitalmärkten mit unlauterem Wettbewerb, List und Täuschung, die wir in unseren Tagen erleben, haben keinen Platz in einer freien Marktwirtschaft. Die Tatsache, dass wir heute diese Art von sozioökonomischen Verhalten erleben, ist offensichtlich eine Folge der Nichteinhaltung der Regeln des ökonomischen Systems, zu welchem sich alle "Spieler"- Staat, Bürger und Kapitalmärkte – verpflichtet haben. Und für diese Entwicklung ist vermutlich das europäische politische System in seiner Gesamtheit verantwortlich.
- Das Solidaritätsprinzip
Das Prinzip der Solidarität ist eine notwendige Bedingung für die Kohärenz (friedliches Zusammenleben) einzelner Personen,  Gesellschaften und Staaten. Dies basiert in erster Linie auf dem Prinzip der Chancengleichheit.  Ausdruck der Solidarität ist also die Beseitigung jeder Chancenungleichheit, die aus formellen oder informellen gesellschaftlichen Zwängen entsteht. Solche Zwänge können beispielsweise aus der geographischen oder sozialen Umwelt resultieren. Die Lebenschancen können schon allein deshalb unterschiedlich sein, weil  jemand als Afrikaner, Asiate, Amerikaner, Süd-,  Nordeuropäer, in einer reichen oder armen Familie, mit physischen Fähigkeiten oder Schwächen, intelligent oder weniger intelligent geboren ist. Nicht zuletzt spielt auch der Faktor Glück eine Rolle.   
In der Europäischen Union, wo es Länder mit unterschiedlichen Niveaus der wirtschaftlichen Entwicklung und des Wohlstandes gibt, werden  durch die verschiedenen EU-Mittel und durch die Zuschüsse der reicheren an die ärmeren Länder Anstrengungen unternommen, um die wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten zu verringern. Beispielsweise äußerte sich diese Solidarität der EU gegenüber Griechenland von 1981 bis heute mit 150 Milliarden Euro Subventionen. Davon kamen mindestens 40 Milliarden Euro von den Deutschen.
Die Grundsätze der Subsidiarität und der Solidarität werden als die beiden wichtigsten Säulen, auf welchen das Gebäude der EU steht, angesehen. Das sozioökonomische System der Sozialen Marktwirtschaft, welches, wie erwähnt,  nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst in der Bundesrepublik Deutschland ausgearbeitet und umgesetzt wurde, ist heute eine von allen Mitgliedsländern akzeptierte Kombination zwischen dem Subsidiaritäts- und dem Solidaritätsprinzip und ist daher in allen EU-Ländern mehr oder weniger Standard geworden.
- Einige Zwischenschlussfolgerungen
Aus beiden Prinzipien lassen sich einige wichtige Schlussfolgerungen ziehen, die für das erforderliche soziale und wirtschaftliche Verhalten der Mitgliedstaaten und ihrer Bürger hinsichtlich ihrer Beziehungen untereinander von Bedeutung  sind.
Erstens, das Prinzip der Subsidiarität bedeutet aus  wirtschaftlicher und sozialer Sicht, dass jeder EU-Mitgliedstaat, d.h. die Regierungen, verpflichtet sind alle notwendigen wirtschaftlichen und sozialen Maßnahmen zu treffen, um das vorhandene Potenzial des Staates und seiner Bürger zum Wohle aller zu nutzen.
Zweitens, das Solidaritätsprinzip bedeutet, dass, wenn die EU-Mitgliedstaaten und ihre einzelnen Regionen alle ihre Möglichkeiten, um ihre Verpflichtungen zu erfüllen, die aus dem Grundsatz der Subsidiarität herrühren, nachweisbar ausgeschöpft haben und dennoch ihr BIP pro Kopf unter dem durchschnittlichen BIP pro Kopf der EU-Länder blieb, dann müssen die überdurchschnittlichen Mitgliedsländer den unterdurchschnittlichen Mitgliedsländern Hilfen (Subventionen) gewähren. Die Geschichte der EU zeigt, dass bisher diese Forderung  in einem recht zufriedenstellenden Grad realisiert wurde.
Drittens, die solidarische Hilfe beinhaltet sowohl Grenzen als auch Verpflichtungen und kostet gleichzeitig etwas. Die Grenzen bestehen darin, dass die jährliche Hilfe (die Zuschüsse der Gemeinschaft) nicht mehr als 15% des jährlichen Staatshaushaltes des Empfängerlandes betragen sollte. Dabei verpflichtet sich das subventionierte Land mit den Zuschüssen möglichst Entwicklungsinvestitionen zu finanzieren. Die Kosten des subventionierten Mitgliedslandes bestehen darin, dass es einen Teil seiner nationalen Souveränität (Unabhängigkeit) verliert, da die Geldgeber (mit gutem Recht) eine gewisse Kontrolle über die Verwendung der gewährten Subventionen ausüben möchten.
Die Finanzkrise und teilweise globale Wirtschaftskrise von 2008 deckten auf, dass einige Mitgliedstaaten der Währungsunion jahrelang Verhaltensweisen (absichtlich?) verdeckt hatten, die im Widerspruch zu den Anforderungen der Grundsätze der Subsidiarität und Solidarität standen.  Dadurch wurde das Gebäude der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion ernsthaft bedroht.
- Griechenland als Beispiel
Wie bereits erwähnt, genoss Griechenland, welches seit 1981ein vollwertiges Mitglied der EU ist, intensiv die europäische Solidarität, da Griechenland bis heute europäische Subventionen in Höhe von mehr als 150 Milliarden Euro erhalten hat. Wenn die griechischen Regierungen diese Gelder gemäß den Anforderungen des Subsidiaritätsprinzips, d.h. primär investiv, eingesetzt hätten, dann, so ist zu vermuten, wäre der positive Effekt auf das Wirtschaftswachstum Griechenlands und für den Wohlstand seiner Bürger viel günstiger ausgefallen. Die griechischen parlamentarischen Regierungsparteien und ihre Politiker, die seit fast 40 Jahren immer noch regieren, haben in dieser Zeit die europäischen Subventionsgelder in vielerlei Hinsicht verschwendet,  da sie mit einem großen Teil dieser Gelder sich selber und ihre mit ihnen parteipolitisch und gewerkschaftlich verbundenen Freunde finanziert haben. Hinzu kamen noch Hunderte von Milliarden Euro öffentlicher Auslandskredite, deren Umfang heute eine geordnete Bedienung der Schulden (die Rückzahlung) unmöglich macht. Der Schuldendienst übertrifft bei weitem die finanziellen Möglichkeiten des griechischen Staates und des griechischen Volkes. De facto sind heute der griechische Staat und seine Bürger zahlungsunfähig.
Inzwischen ist uns allen klar geworden, dass die Korruption, die illegalen Absprachen und die Inkompetenz der griechischen Politiker zu diesem Ergebnis geführt haben. Die europäischen Politiker ignorieren leider diese Tatsache und erklären sich immer wieder solidarisch, allerdings nicht mit dem griechischen Volk, sondern mit diesen korrupten Politikern und halten sie, durch die wiederholte Gewährung von Krediten, dauerhaft an der Macht. So haben die europäischen Partner und der Internationale Währungsfonds 2010 beschlossen und begonnen dem griechischen Staat (bzw. den griechischen Politikern) bis 2020 Kredite in Höhe von 240 Mrd. Euro mit einem sehr niedrigen  Zinssatz (Durchschnitt etwa 1,5%) zu gewähren. Eine solche Großzügigkeit stellt ein Novum (ist beispiellos) in der Geschichte der Weltwirtschaft dar.
Aber das Schlimmste und das Schändlichste bei dieser Entwicklung  ist, dass diese raffinierten griechischen Politiker langsam beginnen, mit Hilfe der Medien das griechische Volk zu überzeugen, dass die Hauptschuldigen für ihre Misere die Kreditgeber sind, hauptsächlich die Deutschen, die mindestens 65 Mrd. Euro gewähren. Sie alle sind Zinswucherer, harte Ausbeuter, die vor allem das Ziel haben Griechenland zu erobern, die Griechen zu unterwerfen und zu versklaven. Und diese Botschaft scheint in der griechischen Gesellschaft Fuß gefasst zu haben, da sie fast in allen Medien und in den Bürgercafés das erste Thema bei Diskussionen ist.
Samaras und Venizelos, die Koalitionäre in der heutigen Regierung, deren Parteien und  somit  auch sie selbst die Hauptverantwortlichen für die gegenwärtige Griechenlandkrise sind, merken bereits, dass auch die 240 Milliarden Euro Kredite nicht auserreichen werden, um Griechenlands Zahlungsunfähigkeit zu verhindern. Intuitiv begreifen sie auch, dass die Europäer (hoffentlich) nicht mehr bereit sind weitere Kredite zu gewähren. So bleiben sie ihrer bisherigen Strategie treu und versuchen, mit ihren Interviews die  Unschuldigen zu spielen und die Griechen zusätzlich zu verwirren, indem sie sagen, dass die EU keine echte Union ist, wenn es keine Solidarität unter den Unionsmitgliedern gibt. 
Welche Solidarität wollen Samaras und Venizelos noch haben? Müssten sie sich nicht schämen, wenn sie selbst und auch viele Gleichgesinnte und ihre Schützlinge (siehe Liste Lagarde) – allesamt Euro-Millionäre - nicht aufhören, für weitere europäische Almosen zu betteln, die letztlich sie selbst genießen, aber Generationen von Griechen in der Gegenwart und in der Zukunft belasten werden?
Wenn die Griechen (die griechischen Wähler) jetzt nicht aufpassen und sich gegenüber  ihren Politiker nicht  wehren , werden sie den Spruch  von Lenin bestätigen, der gesagt haben soll: "Unsere Fans (Wähler) sind für uns nützliche Idioten,  weil wir sie hin und her schieben können, um unsere Ziele zu erreichen“.  Die Politiker Griechenlands haben diesen Spruch bisher gewissenhaft und gründlich für die Realisierung ihrer eigenen Interessen erfolgreich umgesetzt. Was aber tun die Bürger und Wähler? Wie lange noch wollen sie die Rolle des nützlichen  Idioten spielen?
- Gibt es noch Hoffnung?
Die aktuellen Entwicklungen in Europa und vor allem in Griechenland können für die bewussten Europäer im allgemeinen und für die Griechen insbesondere zum Anlass werden, ihre bisherigen sozioökonomischen Verhaltensweisen zu überdenken und einen neuen Anfang zu wagen. Die bisherigen Motive und Handlungen in Zeiten von hohem Wohlstand, Armut und Unsicherheit, die parallel existieren, müssen in eine neue Richtung in Bezug auf die Beziehungen der Europäer untereinander und zu den Griechen insbesondere gelenkt werden. Die Prinzipien der Subsidiarität und der Solidarität müssen wieder belebt werden. Und dies gilt sowohl für die Geber als auch für die Nehmer innerhalb der EU. Gemäß ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten sollten alle konstruktiv mit ihren Denken und Handeln zu einem „guten Leben für alle“  in der EU beitragen. Unabhängig von den unterschiedlichen legitimen politischen Überzeugungen /Präferenzen, sollte jeder versuchen, die europäischen Entwicklungen mit zu gestalten und zu formen und somit zu einem friedlichen Leben in Europa beitragen. Außerdem sollten friedliches  Zusammenleben und soziale Gerechtigkeit eine vorrangige Aufgabe, ein inspirierendes Leitprinzip und eine ständig treibende Kraft aller Europäer sein. Für die Akzeptanz der anstehenden Reformen und Umstrukturierungen in Europa und vor allem in Griechenland ist es notwendig, dass den Bürgern das Gefühl vermittelt wird, alles geschieht gerecht.  Die Verteilung und Umverteilung von Einkommen und Steuerlasten werden von den Bürgern nur dann als fair und gerecht empfunden, wenn alle sehen, dass alle gemäß ihren Fähigkeiten und ihren Leistungen zu der Erfüllung der gesellschaftlichen Aufgaben beitragen.












[1] Βλέπε, Συνθήκη του Μάαστριχτ (1992) άρθρο 5